Schichtwechsel

Der Fundus von Museumsfotografien und dessen Abbildungen waren Ausgangsmaterial für die aktuell gezeigten Arbeiten von Manuela Fritz.

Sie greift das vorgefundene historische Material, das in unserem geschichtlichen Bewusstsein verankert ist auf und setzt es in einen aktuellen Kontext. Die hier erstmalig gezeigte Werkgruppe „Schichtwechsel“ beleuchtet die Veränderung von Wahrnehmung und Bedeutung. Die Wichtigkeit liegt nicht in den historischen Bezügen sondern im Doppelblick, indem man das unter den Schichten Befindliche in der Spielfreudigkeit des Experiments spürt. Die Ästhetik wird aufgehoben und die Körper der Skulpturen ordnen sich neu.

Ihre künstlerische Arbeit „Schichtwechsel“ verhält sich vergleichbar zu ihrer restauratorischen Tätigkeit, die einer Abfolge von Dokumentation, Freilegung und Ergänzung folgt, indem Sie hinter den Schichten nach Verborgenem sucht. So ist zum Beispiel die Sichtweise in der Arbeit „Dave“, eine verkleidete Replik nach Michelangelo, durch Veränderung des Größenverhältnisses und das Anziehen der Skulptur (Schichtergänzung), in Frage gestellt. Durch das Wegnehmen und hinzufügen von Schichten soll die Aufmerksamkeit des Betrachters geschärft werden und gleichzeitig wird der Besucher aufgefordert in den Prozess aktiv einzugreifen, indem er als Mitakteur Schichten wegnehmen, hinzufügen, dahinter sehen oder sehen lassen kann.

KLEINE ZEITUNG
Manuela Fritz zeigt konzeptuelle Kunst In der Ausstellung in der Galerie 44QM wird der Besucher zum Akteur, wenn er gewillt ist. Neo-Dadaist Michelangelo Pistoletto wurde durch seine Spiegelbilder aus poliertem Stahl, die den Betrachter als Fragment der Erinnerung ins Kunstwerk einbeziehen, bekannt. Oft sind diese bei ihm mit einem affichierten Siebdruck versehen. Die spiegelnden Wandobjekte der Bildhauerin und Restauratorin Manuela Fritz aus Unterrohr, die sie bei ihrer Ausstellung 9 "Schichtwechsel" in der Stadtgalerie 44QM in Hartberg zeigt, scheinen ein gewisses Nahverhältnis zur Arbeit Pistolettos zu haben. Meist sind das Bildmotiv darauf makellose, klassische Schönheiten, denen Fritz durch schichtweises Wegnehmen deren Perfektion nimmt und sie, so Eröffnungsredner Walter Kratner, Kunstverantwortlicher der Weizer Pfingstvision, zu Vexierbildern der Moderne macht. Ähnliches vollführte Fritz bei ihrem Environment "Dave" in Anlehnung an Michelangelos Davidstatue, Ausdruck des um politische Freiheit ringenden Bürgertums im damaligen Florenz. Er schrumpft bei ihr zur Kleinskulptur mit heruntergelassener Hose, während er auf dem Video zum schönen Jüngling mutiert, der durch Hochziehen der Beinbekleidung die Blöße seines Geschlechtsteiles wieder bedeckt. Ihr raumteilender Paravent macht den Besucher zum Akteur, vorausgesetzt er ist gewillt die Leerstellen durch eigenständiges Handeln auszufüllen. Zu sehen bis 28. Juni. FRANZ BRUGNER